Europäische Visionen: AfD auf Kurs FPÖ
„Ich freue mich durchaus, heute diese Einladung nach Düsseldorf erhalten zu haben, weil das ein historischer Akt ist“, eröffnete FPÖ-Obmann H.C. Strache seine Rede in Düsseldorf. Warum das Pathos? Auch wenn es aus demokratischer Sicht selbstverständlich sein sollte, daß jede Partei mit jeder anderen Partei über politische Themen reden sollte, so sorgt doch gerade der neue Kuschelkurs der Alternative für Deutschland (AfD) für einige Überraschung: Der Auftritt von Strache auf dem AfD-Kongreß „Europäische Visionen – Visionen für Europa“ Mitte Februar in Düsseldorf ist nämlich keine Selbstverständlichkeit. Bis jetzt!? „Viele gemeinsame Schnittstellen, viele gemeinsame Inhalte“ sieht Strache zwischen FPÖ und AfD. Und endlich hat die AfD mit Frauke Petry eine Führung, die das nicht nur erkennt, sondern auch danach handelt.
Mag man auch noch vor anderthalb Jahren die AfD als „Gartenzwerg“ verspottet haben, so ging früher die distanzierte Haltung doch stets von der durch Bernd Lucke geprägten AfD aus. Was in bundesdeutschen Medien als europäische Rechtsparteien verschrien wurde, galt Lucke und seinen getreuen Funktionärsteufelchen als Weihwasser. UKIP in Großbritannien? Eine Macht! Front National in Frankreich? Eine Volkspartei! SVP in der Schweiz? Völlig normal! FPÖ in Österreich? Teil der gesellschaftlichen Mitte! Aus Sicht der AfD? Allesamt Tabuparteien, weil eine gesunde Rechte, die sich auch rechts nennt, in der Bundesrepublik Deutschland bisher keinen Fuß fassen konnte.
Aber die Zeichen stehen auf Sturm. Lucke ist mit seiner neuen Partei AlfA in der Versenkung verschwunden, wenn auch fürstlich dotiert im Europaparlament. Die AfD hingegen hält Kurs auf die bundesdeutschen Landesparlamente. Ob sogenannter Schießbefehl von Frauke Petry, ob angebliche AfD-Protestler vor dem Asylheim in Clausnitz, ob vermeintliche Rassentheorien von Björn Höcke: Nichts hält den Stimmenzuwachs der AfD in Umfragen derzeit auf (der Druck dieser Eckart-Ausgabe überschneidet sich mit den Landtagswahlen in der BR Deutschland, auf Umfragewerte wird daher an dieser Stelle verzichtet).
Der stehende Applaus für Strache vor den rund 1.000 Mitgliedern der AfD-Basis in Düsseldorf zeigt, daß die FPÖ, ihre Positionen und ihr Erfolg bei den bundesdeutschen Geschwistern Eindruck hinterlassen. Aber die Basis der AfD war ohnehin nie auf Abstand zur FPÖ. Als „positive Überzeugungstäter“ bezeichnete der ebenfalls eingeladene FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky die AfD. Das freute die AfDler nicht weniger. Es war, als feierten sie einen der Ihren.
Das Ergebnis des Düsseldorfer Kongresses ist die „Blaue Allianz“. Nach Angaben des bayerischen AfD-Landesvorsitzenden Petr Bystron solle die Zusammenarbeit zwischen AfD und FPÖ aus geographischen Gründen ihren Schwerpunkt zunächst in der bayerisch-österreichischen Grenzregion im Raum Salzburg und Passau haben. Im Rahmen der „Blauen Allianz“ würden „ab sofort Mitglieder der AfD zu ihren Veranstaltungen auch Redner aus den Reihen der FPÖ einladen können und umgekehrt, obwohl die beiden Parteien unterschiedlichen Fraktionen im Europäischen Parlament angehören und in vielen Punkten auch verschiedene Positionen vertreten.“ (PM der AfD Bayern)
Auch wenn Frauke Petry die FPÖ in Düsseldorf als benötigte Freunde bezeichnete, von denen die AfD lernen könne: Es wäre allzu zu oberflächlich, der AfD vorzuwerfen, sie suche die Nähe zur FPÖ allein, um ihren Waggon an eine erfolgreiche deutsche Rechtsparteilokomotive anzukoppeln. Für bundesdeutsche Medien wird das Schreckgespenst FPÖ ein willkommenes Argument für eine „Jetzt lassen sie die Maske fallen“-Rhetorik sein. Der AfD-Führung wird das Rückgrat abverlangen. „Wir haben all diese Mechanismen selbst erlebt“, machte Strache den AfDlern in Düsseldorf aber Mut. Er verwies auf die letzten zehn Jahre, in denen durch die FPÖ ein steiniger, steiler Weg von drei auf 30 Prozent beschritten wurde. Die AfD hat noch zu zeigen, daß ihr dies ohne Anbiederei an bundesdeutsche Verhältnisse gelingen könne.