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Was ist links? Was ist rechts?

Das neue politische Koordinatensystem

Immer wieder begegnen uns in der politischen Diskussion oder in den Medien die Begriffe „Links“ oder „Rechts“ als politische Richtungsverortungen. Doch haben diese Begriffe in der modernen politischen Auseinandersetzung noch genügend Aussagekraft, oder sind sie zu reinen „Kampfbegriffen“ heruntergekommen? Wenn man einen politischen Gegner heute beispielsweise als „Rechts“ bezeichnet, so ist durch jahrelange Medienkampagnen eher ein Ersatzbegriff für unanständige Politik geschaffen worden als eine Bezeichnung für die politische Richtung.

In der politikwissenschaftlichen Diskussion wird heiß darüber gestritten, ob das Schema, nach dem über mehr als 200 Jahre die politischen Spektren eingeteilt wurden, inzwischen überholt ist. Traditionell saßen seit den Zeiten der französischen Revolution die Monarchisten und diejenigen, die eher für den Bestand der alten Ordnung eintraten, im Parlament rechts. Es handelte sich hier also ursprünglich um die politischen Kräfte, die für eine Bestandswahrung im Sinne des alten Ständestaates eintraten und gesellschaftlichen Änderungen kritisch gegenüberstanden. Die linke Seite hingegen wurde damals von den revolutionären republikanischen Kräften gebildet, die für die Abschaffung der Monarchie und des Adels sowie für Bürgerrechte, wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, eintraten. Aus zeitgenössischer Sicht betrachtet, war die Revolution von 1848 nicht nur eine bürgerliche, sondern vor allem eine linke Revolution. Auch die Entstehung der Parteien ist noch auf die Zeit der Französischen Revolution zurückzuführen.

Im Wandel der Zeiten und mit der Abschaffung der Monarchie wurde es jedoch immer schwieriger, diese alte Verortung zwischen Links und Rechts aufrechtzuerhalten, so daß wir heutzutage abseits von der platten Meinungsmache in den Medien zu anderen Begriffen für die politischen Richtungen kommen müssen. Landläufig wird in der wissenschaftlichen Diskussion heute vor allem ein Gegensatz zwischen „Progressiv“ und „Konservativ“ gesehen, der auf der bereits erwähnten Einteilung zwischen gesellschaftlichem Wandel und Bewahrung beruht. Mehrere Entwicklungen erschweren heute jedoch die Einteilung nach den Begriffen konservativ und progressiv, so haben in den westlichen Demokratien nach 1945 auch eher rechts stehende Parteien eigenständige programmatische Fortschrittskonzepte entwickelt und eine eigene Politik der technischen wie auch gesellschaftlichen Modernisierung vertreten. Unterdessen ist es innerhalb und zwischen Organisationen mit linkem Selbstverständnis äußerst umstritten, welche Auffassungen und Maßnahmen als „progressiv“ anzusehen sind.

Auch die Trennlinie zwischen „Egalitär“ und „Elitär“ kennzeichnete lange Zeit den Gegensatz zwischen beiden politischen Richtungen. Die politische Linke vertrat vor allem den Gleichheitsgrundsatz und unterstützte benachteiligte Bevölkerungsschichten („Arbeiterbewegung“). Daraus rechtfertigen heute noch politische Richtungen, die sich als „links“ verstehen, den Einsatz für vermeintlich benachteiligte Gruppen.

Die „Rechte“ rechtfertigte im Laufe der Zeit die Notwendigkeit einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Ungleichheit. Die Gründe dafür wurden entweder in der Natur des Menschen (Begabung, Befähigung) gesehen oder die Ungleichheit wurde auf gesellschaftliche Nützlichkeitserwägungen (Leistungsanreiz) zurückgeführt. In diesem Zusammenhang wurde die Herausbildung von Eliten befürwortet, aus denen sich das Führungspersonal gesellschaftlich bedeutsamer (politischer, kultureller, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher) Einrichtungen rekrutierte. Dagegen gelten linke/egalitäre Konzepte als „Gleichmacherei“ und werden als Eingriffe in individuelle Freiheitsrechte und Entfaltungsmöglichkeiten oder in die hergebrachte Gesellschaftsordnung abgelehnt.

Der egalitären Grundidee entsprechend verfolgte die „Linke“ außerdem lange Zeit einen internationalistischen Ansatz, begriff sich als weltweite Bewegung und organisierte sich international. Nach 1945 begriffen allerdings viele linke Gruppierungen ihre Aufgabe als „nationalen Befreiungskampf“ und stützten sich dabei auf antiimperialistische Ideologien. Im Zusammenhang einer globalisierungskritischen Vorstellungswelt wird heute von Teilen der „Linken“ die Souveränität der Nationalstaaten als Voraussetzung für die Absicherungen sozialer Errungenschaften angesehen und gegen eine Internationalität des Kapitalismus gedanklich in Stellung gebracht. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts verfolgte hingegen das rechte Lager vor allem eine Politik der starken Nationalstaaten und vertritt eine entsprechende Ideologie noch heute. Zugleich versteht sich das „bürgerliche (konservative) Lager“ in Westeuropa – inklusive der Liberalen – aber als treibende Kraft der wirtschaftlichen Globalisierung und verweist auf seinen Beitrag zur europäischen Einigung.

Aus dem Gesagten fällt es heute also schwer, eine echte politische „Rechte“ oder „Linke“ auszumachen. Vor allem im Parteienspektrum treten oftmals Vermischungen auf, die eine klare Zuordnung erschweren, oder unmöglich machen. Das größte Problem ist dabei die zu starke Vereinfachung politischer Programmatik auf eine Betrachtungsachse. Eine Einteilung der von einer Partei vertretenen Ansichten in verschiedenen Politikfeldern dürfte deshalb mehr Erfolg bei der Beurteilung von politischen Konzepten bieten. Jan Ackermeier (DE Feber 2010)

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