Ludwig Yorck von Wartenburg 1759 – 1830
In der langen und wechselvollen Geschichte der deutsch- russischen Beziehungen hat der preußische General Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg ein wesentliches Kapitel geschrieben. Sein am 30. Dezember 1812 mit den russischen Truppen geschlossener Waffenstillstand löste den deutschen Befreiungskrieg gegen Napoleon aus.
Als er die „Konvention von Tauroggen“ unterschrieb, hatte der 53- jährige Offizier bereits ein abenteuerliches Soldatenleben hinter sich. Schon sein Vater war Offizier in der königlich-preußischen Armee gewesen. Mit 13 Jahren trat York als Junker in ein Infanterieregiment ein, wurde bald Leutnant, jedoch 1780 wegen „Insubordination“ (er hatte einem korrupten Vorgesetzten öffentlich seine Verachtung gezeigt) zu einer einjährigen Festungshaft verurteilt, die er in Königsberg verbüßte.
Danach trat er in niederländische Dienste, kämpfte in Kapstadt und in Ostindien. Erst nach dem Tode Friedrichs des Großen genehmigte der neue König den Wiedereintritt in preußische Dienste. Es folgte eine rasche Karriere, die er seinem Organisationstalent und Durchsetzungsvermögen verdankte. Die napoleonischen Kriege sahen ihn an vielen Fronten. 1806 wurde er in Lübeck verwundet und geriet in Gefangenschaft. Nachdem er gegen einen französischen General ausgetauscht worden war, erhielt er den Orden „Pour le Merite“ und wurde zum Generalmajor ernannt.
Im Jahre 1912 war er Gouverneur in Ostpreußen und befehligte ein Hilfskorps für die „Grande Armee“ Napoleons. Nach deren Vernichtung stand er dem russischen General Diebitsch gegenüber. In den Lagern beider Seiten befanden sich auch deutsche Offiziere, die die Befreiung des Vaterlandes vorbereiteten. Bald spannen sich Fäden über die eiserstarrte Front, und der General stand vor der wichtigsten Entscheidung seines Lebens. Auf Drängen seiner jungen Offiziere unterzeichnete der zunächst überforderte General in der „Poscheruner Mühle“ die Neutralisierung seiner Truppen, ohne die erbetene Zustimmung des Königs erhalten zu haben. Die Nachricht vom Waffenstillstand löste die allgemeine Erhebung gegen die französische Gewaltherrschaft aus. Dieser Bewegung konnte sich auch der König nicht entziehen und billigte schließlich Yorks Vorgehen. Am 13. März 1813 ritt der General an der Spitze seines Korps unter großem Jubel in Berlin ein.
Die Befreiungskriege sahen ihn in vielen weiteren Schlachten erfolgreich. Am 3. Oktober 1813 erkämpfte er in der Schlacht bei Wartenburg einen strategisch entscheidenden Übergang über die Elbe und nahm erfolgreich an der Völkerschlacht bei Leipzig, am Rheinübergang bei Kaub und an der Schlacht um Paris teil. 1814 erhob ihn der König in den Grafenstand. Er durfte sich forthin nach dem Ort einer erfolgreichen Schlacht „Yorck von Wartenburg“ nennen.
Er galt als schwieriger Befehlsempfänger, wurde jedoch von seinen Soldaten wegen seiner Fürsorge geschätzt. Er war kein Genie, doch stellte ihn die Geschichte an den richtigen Platz und er traf die richtige Entscheidung. Vor 180 Jahren, am 4. Oktober 1830, ist Graf Yorck von Wartenburg auf dem ihm vom König geschenkten Gut Klein-Öls in Niederschlesien verstorben. Beethoven hatte dem „Alten Isegrim“ einen der schmissigsten Militärmärsche gewidmet.
Gedenktage wie dieser sollten Anlaß geben, nach den Katastrophen des 20. Jahrhunderts das deutsch-russische Verhältnis neu zu überdenken und zu gestalten. Aus einer Annäherung, die schließlich in eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit und Völkerfreundschaft führen könnte, würden viele Gewinn ziehen. Ein Europa ohne Rußland ist grob unvollständig. Für die Selbstbehauptung des Abendlandes ist die Achse Paris – Berlin viel zu kurz. Natürlich werden neue Formen der Zusammenarbeit zu finden sein, denn den 40. Zwerg von Brüssels Gnaden wird Moskau nicht spielen wollen. Schließlich aber könnte der notwendige Blick über den Tellerrand von EU und NATO auch den reflexartigen Gehorsam der politischen Klasse Deutschlands gegenüber dem Westkapital zur Diskussion stellen. Karl Katary