Die aufgeschreckte Nation
Sarrazin sorgt für längst fällige Debatte
Das Buch und die Auftritte des nunmehr freiwillig zurückgetretenen Bundesbankvorstandes Thilo Sarrazin sorgen im nordwestlichen Nachbarland in der etablierten Medienlandschaft sowie bei Gutmenschen und in der öffentlichen Diskussion für helle Aufregung. Es ist wie das Kind im Märchen „Des Kaisers neue Kleider”, das beim Anblick des nackten Kaisers ausruft: “Der Kaiser ist ja nackt!” Denn nichts anderes hat Sarrazin – provokant formuliert natürlich, wie man es von ihm gewohnt ist – gemacht. Jeder, der sich mit der Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland und deren Folgen und Problemen ernsthaft beschäftigt, muß die ungeschminkte Wahrheit, die Sarrazin verkündet, anerkennen. Stattdessen versuchen die Künder des Multikulti-Wahns nun mit haltlosen Anschuldigungen und der immer jungen Faschismuskeule in alter Manier, den streitbaren Sozialdemokraten mundtot zu machen. Zumindest beruflich ist ihnen das gelungen, denn Sarrazin wurde auf Druck der Medien und angepaßter Politiker aus dem Vorstand der Deutschen Bundesbank gemobbt.
Der einzige Vorwurf hingegen, den man Thilo Sarrazin machen kann, ist der, daß er sich erst so spät zu Wort meldet. Als jahrelanges Regierungsmitglied des Landes Berlin hätte er ausreichend Zeit und die Mittel gehabt, an einer Änderung der Zustände zu arbeiten. Stattdessen bleibt es das alte Lied: Erst mit der Pensionierung trauen sich Prominente, Klartext zu reden. So war es im Falle der Bundeswehr-Generäle Schulze-Rhonhoff und Günzel, und so ist es nun auch bei Sarrazin. Dennoch ist ihm der Mut, sich ins mediale Vernichtungsfeuer der linksliberalen Medien zu begeben, hoch anzurechnen.
Interessanterweise versuchen dieselben Medien nun fieberhaft zu behaupten, die Thesen des nunmehr zurückgetretenen Bundesbankers würden die Nation spalten. Das Gegenteil ist der Fall: Nach aktuellen Meinungsumfragen unterstützen drei von vier Befragten die Meinung Sarrazins. Ein Schock für die Gutmenschenmafia in Medien und Politik, denen in solchen Momenten immer wieder die Kluft zwischen den Regierenden und den Regierten schmerzlich ins Bewußtsein kommt. Auch die zuvor angestrebte Entlassung sorgte für Unmut in der unmündigen Wählermasse: Immerhin jeder Zweite lehnte die geplante Entlassung Sarrazins aus den Diensten der Bundesbank ab (durch seinen Rücktritt kam er einer Entlassung samt der unweigerlich folgenden Prozeßlawine zuvor). Auch das angestrengte Parteiausschlußverfahren der SPD gegen Sarrazin stößt auf mehrheitliche Ablehnung beim Bundesbürger.
Doch wie immer in Fällen von unbequemen Wahrheiten wird viel über die Person gesprochen und weniger über die Thesen. So erblödete sich die Linken-Parteichefin im Bundestag, Gesine Lötzsch nicht zu behaupten: „Ein Spitzenbeamter, der Menschen aufhetzt, ist nicht akzeptabel!” Was die Kryptokommunisten der ehemaligen SED allerdings nicht davon abhält, gegen alle Menschen zu hetzen, die eine andere Meinung als die der Dunkelroten haben.
Tatsächlich ist das Aufheulen des getretenen Hundes in Form des Gutmenschenkartells in der Bundesrepublik durchaus verständlich, beschäftigt man sich mit den – zugegeben polemisch formulierten – Aussagen in Sarrazins Buch. Naiv, gutmenschelnd, verlogen: So beschreibt der SPD-Politiker dort die deutsche Zuwanderungspolitik. Ungesteuerte Zuwanderung hätte nach Sarrazin zu jeder Zeit staatliche Gebilde gefährden und die Stabilität einer Gesellschaft unterminieren können. Das chinesische Kaiserreich hätte deshalb seine Chinesische Mauer, die Römer hätten ihren Limes gehabt. Zu keiner Zeit wären die Sicherung des Territoriums und die Regulierung von Zuwanderung trivial gewesen. Die um diese Fragen entstehenden Verwicklungen hätten Staaten und Gesellschaften häufig im Kern bedroht und sie tief geprägt, und immer wieder seien sie von blutigen Orgien und Gewalt begleitet gewesen.
In bundesdeutschen Medien werde dies laut Sarrazin häufig ausgeblendet. Zuwanderungsfragen würden dort oft mit mahnend erhobenem Zeigefinger behandelt und mit einer Attitüde, die wohl am treffendsten charakterisiert sei durch das Sprüchlein: „Wir haben uns doch alle so lieb.“ Umso bedauerlicher sei es, daß sich die deutsche politische Klasse ihre Haltung zu Migrationsfragen weitgehend von Stimmen aus den Medien diktieren lasse. Sie laufe damit Gefahr, sich sowohl vom Kern der Probleme als auch vom Volk zu entfernen.
Der wachsende Zulauf, den zuwanderungskritische Bewegungen in vielen europäischen Ländern zu verzeichnen hätten, wie auch die Volksabstimmung zur Zulässigkeit von Minaretten, wie sie in der Schweiz durchgeführt worden sei, seien Folgen der überwiegend unhistorischen, naiven und opportunistischen staatlichen Migrationspolitik in Europa. In bundesdeutschen Landen arbeite deshalb ein Heer von Integrationsbeauftragten, Islamforschern, Soziologen, Politologen, Verbandsvertretern und eine Schar von naiven Politikern Hand in Hand und intensiv an Verharmlosung, Selbsttäuschung und Problemleugnung.
Daß dieses Konglomerat an zeitgeistigem Mief in heillosen Schrecken gerät, wenn einer der “Ihren” dann prominent aus der Reihe tanzt, ist verständlich und erfüllt den Beobachter auch mit einem gerüttelt Maß an Schadenfreude. Jan Ackermeier