Arno Breker 1900 – 1991
Vor 20 Jahren, am 13. Feber 1991, verstarb in Düsseldorf der bedeutende deutsche Bildhauer und Architekt Arno Breker im hohen Alter von 91 Jahren. Er wurde im Jahre 1900 als Sohn eines Steinmetzes in Elberfeld geboren und erlernte das väterliche Handwerk. 1920 begann er an der Düsseldorfer Kunstakademie die Bildhauerei zu studieren und fand bald wichtige Lehrer und Förderer. Schon während seiner Ausbildung erhielt er öffentliche Aufträge. Kurz vor dem Ende des Studiums reiste er zum ersten Mal nach Paris, dem damaligen Zentrum der modernen Plastik. Von 1927 bis 1933 lag dort der Schwerpunkt seines Lebens und Schaffens. Unter dem Einfluß der Werke Rodins und Maillols entwickelte er den für ihn typischen neuklassischen Stil.
Erst 1933 kam Breker über das Drängen von Freunden, besonders des Malers Max Liebermann, nach Deutschland zurück. Zunächst galt er dem neuen Regime als dekadent und frankreichorientiert, doch bald erregte sein Geschick bei der bildnerischen Ergänzung öffentlicher Gebäude Aufsehen. 1936 begann sein unerhörter Aufstieg zum bekanntesten und einflußreichsten Bildhauer des nationalsozialistischen Deutschland. Des Künstlers Vorliebe für den neuklassischen Stil und die baugebundene Plastik traf sich mit dem im wesentlichen von Hitler persönlich bestimmten und von Albert Speer umgesetzten gigantischen Monumentalstil. Brekers Anlehnung an die griechische Antike und die italienische Renaissance sowie die Formvollendung seiner Werke entsprachen dem Bedürfnis nach heroischen Idealtypen. In Brekers Figuren glaubten die Nationalsozialisten ihre „formgewordene Weltanschauung“ zu erkennen.
Das Regime verschaffte ihm immer mehr Aufträge. Er gestaltete zwei große Torpfeiler für die Berliner Freilichtbühne. Zwei Monumentalfiguren („Zehnkämpfer“ und „Siegerin“) für das Haus des Deutschen Sportes erlangten nicht nur Hitlers Aufmerksamkeit, sondern verschafften Breker bei der Olympischen Kunstausstellung in Berlin 1936 die Silbermedaille des Internationalen Olympischen Komitees. 1937 schuf Breker Skulpturen für den von Albert Speer entworfenen Deutschen Pavillon bei der Pariser Weltausstellung. Ein Höhepunkt seiner Tätigkeit war der Auftrag zu den beiden Monumentalfiguren „Wehrmacht“ und „Partei“ für den Ehrenhof von Hitlers Neuer Reichskanzlei.
Immer enger wurde die Zusammenarbeit mit Albert Speer, der als Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin zur Metropole eines „Großgermanischen Reiches“ gestalten sollte. Die dabei entstandenen Riesenentwürfe blieben aus wirtschaftlichen Gründen und wegen der sich ständig verschlechternden Kriegslage unausgeführt.
Auch politisch wurde Breker ein Teil des Systems. Seit 1937 war er Parteimitglied, seit 1941 war er Vizepräsident der Reichskulturkammer für bildende Künste. Der Staat richtete ihm ein Großraumatelier ein und schenkte ihm ein Rittergut.
Nach dem Sieg über Frankreich nahm er im Gefolge Hitlers an einer nur einen Tag dauernden Besichtigung des besetzten Paris teil. Aktiv war Breker an den Versuchen beteiligt, einen Ausgleich mit dem besiegten Frankreich zustande zu bringen. Schließlich setzte ihn Hitler auf die „Gottbegnadetenliste“ jener Personen, die von jedem Wehrdienst befreit waren.
Im Jahr 1948 wurde Arno Breker in einem Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft, vor allem deswegen, weil er sich nachweislich für viele vom Regime Verfolgte eingesetzt hatte. Etwa hat er Pablo Picasso vor dem Zugriff der Gestapo bewahrt und die Entlassung des Verlegers Peter Suhrkamp aus dem Gefängnis erreicht.
Wer Brekers Leistungen auf seine Stellung im Dritten Reich reduzieren will, ist ideologisch befangen. Er war schon vor 1933 ein weithin anerkannter Künstler. In Deutschland hatte er eine Büste des Ersten Reichspräsidenten Friedrich Ebert geschaffen und ein Heinrich Heine-Denkmal entworfen. Seine Pariser Jahre brachten ihm die oft lebenslange Freundschaft vieler Künstler und Intellektueller. Dazu zählten Jean Cocteau, Salvador Dali und Maurice de Vlaminck. Der große Bildhauer Aristide Maillol war ein besonderer Bewunderer und Förderer von Brekers Schaffen.
Nach dem Krieg erhielt der Künstler kaum noch öffentliche, dafür aber um so mehr private Aufträge. Viele bedeutende Persönlichkeiten ließen sich von ihm porträtieren. Dazu zählten die deutschen Kanzler Konrad Adenauer und Ludwig Erhard, der äthiopische Kaiser Haile Selassie oder der schwarzafrikanische Staatsmann Leopold Senghor. Er schuf Büsten von Künstlern wie Jean Cocteau, Jean Marais, Salvador Dali oder Ernst Jünger.
Den Rang eines Künstlers ausschließlich nach dem politischen Wertekanon der jeweiligen Gegenwart zu bemessen, grenzt an pseudoreligiösen Fanatismus. Niemand dürfte demzufolge mehr Plato lesen, da dieser kein Demokrat war. Bertold Brecht und Pablo Picasso hätten als Bewunderer Stalins längst im Orkus der Geschichte verschwinden müssen. Als Fußnote: Es war Stalin, der die von Breker geschaffenen Statuen für die Weltausstellung 1937 so sehr bewunderte, daß er ihn für die künstlerische Behübschung des Sowjetstaates gewinnen wollte.
Breker war einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Er wurde von vielen Künstlern geschätzt, die keineswegs seinem neuklassischen Stil anhingen. Etwa verband ihn mit dem Wiener Meister des Phantastischen Realismus Ernst Fuchs eine lebenslange Freundschaft des Herzens. In einem Breker gewidmeten Bildband schreibt Fuchs: „Er ist der einzige, der von den Franzosen nach Rodin das Thema der Schönheit im Zusammenhang mit dem idealen Menschen als Ikone des abendländischen Gottesmenschen – und das im strengen Zusammenhang mit dem Gedanken der Renaissance – wieder aufgegriffen hat, und zwar in sagenhafter Begabung“. Karl Katary