Armenische Passion
Ein Beitrag zum Gedenken an die Armeniermorde vor 100 Jahren
Von Magdalena S. Gmehling
Sie starben, ohne wirklich zu wissen warum
Männer, Frauen und Kinder, die nichts als leben wollten
Mit schweren Gesten, so als seien sie trunken
Verstümmelt, massakriert, die Augen vor Schrecken aufgerissen.
Varenagh Aznavourian alias Charles Aznavour
Hundert Jahre nach dem Völkermord an den armenischen und assyrischen und den griechischen Pontos Christen wiederholt sich in unseren Tagen eine Tragödie ähnlichen Ausmaßes. Die Kämpfer des Islamischen Staates (IS) haben nicht nur uraltes Kulturgut zerstört und über 100.000 Christen und Angehörige anderer Minderheiten aus Mossul und den christlichen Dörfern vertrieben, massakriert und geschändet, sondern sie beleben die durch viele geschichtliche Fakten belegbare Tradition des Islam, durch bestialische Grausamkeit Tod, Verderben und Horror zu verbreiten. Es ist in diesem Zusammenhang an die weitsichtige Regensburger Rede des emeritierten Papstes Benedikt XVI. vom 12. September 2006 zu erinnern. Zur Rolle der Gewalt im Islam zitiert er die Aussage des byzantinischen Kaisers, Manuel II. Palaiologos (1350-1425), die jener während der Unterhaltung mit dem persischen Gesandten machte. Es lohnt sich sehr wohl, vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse hier dieses Zitat erneut in Erinnerung zu bringen. „…Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten …“. Heute fliehen die Christen aus allen Ländern des Nahen und Mittleren Orients. Immer größer wird der Druck der Islamisierung. Es scheint, als wiederholten sich die furchtbaren Geschehnisse der Jahre 1915/16, und wie damals scheint die Kirche des Westens die historische Auslöschung nicht ernst zu nehmen. Der Kirchengeschichtler Rudolf Strohtmann schreibt diesbezüglich: „Es ist nur Klamauk, was von den Kirchen … zu vernehmen ist, darüber wird die Weltgeschichte hinweggehen.“
Rufen wir uns die Ereignisse aus der Zeit vor 100 Jahren ins Gedächtnis.
Am Schnittpunkt zwischen Asien und Europa liegt das vom Schicksal nicht verwöhnte Land Armenien. Seit 2700 Jahren ist das Volk der sogenannten Hajer in dem Gebiet zwischen dem Hochland Ostanatoliens und dem Südkaukasus heimisch. Bereits 301 erfolgte die Christianisierung der Armenier unter Georg dem Erleuchteten. 1921 wurde die heutige Republik Armenien sowjetisiert. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sie sich 1991 unabhängig. Der schwelende Konflikt mit dem Nachbarstaat Aserbaidschan, in dessen Mittelpunkt die seit jeher vorwiegend von Armeniern bewohnte Region Berg-Karabach stand, eskalierte. Es kam zu blutigen Ausschreitungen und militärischen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Hunderttausende flohen. Seit 1994 herrscht Waffenstillstand. Unter der Schirmherrschaft der sogenannten Minsk-Gruppe der OSZE laufen immer noch Verhandlungen.
Im Osmanischen Reich (der heutigen Türkei) spielten vor allem die christlichen Armenier zunächst eine hervorragende Rolle. Sie galten als loyale Staatsdiener und hatten teilweise hohe Regierungsämter inne. Auch versahen sie oft den diplomatischen Dienst. Das Nebeneinander von Türken und Armeniern funktionierte über lange Zeit. Im 19. Jahrhundert aber setzten zunehmend Repressionen des Sultanats ein. Als 1876 der reaktionäre Alleinherrscher Abd-ül-Hamid II an die Macht kam, wurde die Verfassung außer Kraft gesetzt. Alle liberalen Reformansätze (rechtliche Gleichstellung, innere Autonomie) waren zunichte gemacht. Die Radikalisierung der armenischen Nationalbewegung beantwortete das Sultanat mit verschärften Maßnahmen und schließlich mit landesweiten Massakern.
Am 24. April gedenken die armenischen Christen jährlich der furchtbaren Verfolgung vor 100 Jahren. 1915/16 fielen 1,5 Millionen Armenier dem Genozid und der kompromißlosen Türkisierungspolitik des Osmanischen Reiches zum Opfer. Bereits 20 Jahre vorher war es, wie erwähnt, 1895/96 unter Abd-ül-Hamid zu grausamen Verfolgungen gekommen, und im Jahr 1909 wurden in Kilikien 30.000 Armenier bei einem Pogrom getötet.
Vor dem Hintergrund eines beabsichtigten Beitritts der Türkei in die EU kann nicht nachdrücklich genug an die erschütternden Ereignisse erinnert werden. Der offizielle Plan der Jungtürken sah eine Vernichtung der Armenier aus den sechs Provinzen Sivas, Diyarbakir, Erzurum, Bitlis, Van und Trapezunt vor. Die Gewaltmärsche ohne Essen und Wasser in extremer Hitze, endeten in der mesopotamischen Wüste. Manche Gefangenen wurden in Viehwaggons angeliefert. Der Transfer mußte bezahlt werden. Für Hunderttausende Deportierter ließ die Jungtürkische Regierung entlang der neu gebauten Berlin-Bagdadbahn Konzentrationslager errichten. Die beim Wegebau eingesetzten Männer wurden nach vollbrachter Arbeit erschossen.
Der Augenzeuge August Bernau, Vertreter einer amerikanischen Ölfirma, berichtet am 10. September 1916: Es ist eine völlige Wüste. Auf einem kleinen Hügel ungefähr 200 Meter vom Fluß entfernt sind 240 Armenier unter der Beobachtung von zwei erbarmungslosen Gendarmen zusammengepfercht, die sie unter grausamsten Leiden den Hungertod sterben lassen. Die Szenen, deren Zeuge ich wurde, übersteigen alle Schrecken. In der Nähe des Ortes, an dem die Kutsche hielt, suchten Frauen, die meine Ankunft nicht bemerkten, in den Pferdeäpfeln nach unverdauten Gerstenkörnern. Ich gab ihnen etwas Brot. Sie warfen sich darauf wie verhungerte Hunde, nahmen es gierig in den Mund mit Schluckauf und epileptischem Zittern. Informiert von einer der Frauen stürzten sofort 240 Menschen, oder eher hungrige Wölfe, die sieben Tage lang nichts zu essen hatten, den Hügel hinunter auf mich zu. Streckten mir ihre abgemagerten Arme entgegen, flehten unter Tränen und Schreien um ein Stück Brot. Es waren hauptsächlich Frauen, Kinder und ungefähr ein Dutzend alte Menschen. 1
Der erste Weltkrieg sollte für die Armenier zum Verhängnis werden. Bereits durch die Gebietsverluste im Balkankrieg 1912/13 hatte der pantürkische Nationalismus Auftrieb erhalten Eine rassistische Homogenisierungspolitik setzte ein. Am 2. August 1914 schlossen der kaiserlich deutsche Botschafter Wangenheim und der Großwesir Said Halim in Gegenwart von Kriegsminister Enver und Innenminister Talaat einen Beistandspakt und traten an der Seite der Mittelmächte in den 1. Weltkrieg ein. Deutsche standen zu Hunderten als Militärausbilder in türkischen Diensten. Sie spielten im Vernichtungskrieg gegen die Armenier eine wichtige Rolle. Die Reichsregierung war über die Vertreibungen, Zwangsumsiedlungen und Tötungsorgien genauestens unterrichtet.
Wie die Autorin dieses Artikels von einem hochbetagten Zeitzeugen erfahren konnte, herrschte eine Art Gruppenzwang des Schweigens. Die meisten Offiziere und Fachleute, welche zurück ins deutsche Reich kamen, hüteten sich, ihre schauerlichen Erlebnisse preiszugeben.
Offiziell hatte eine Fünfergruppe der jungtürkischen Ittihad 1912 einen zehn Punkte umfassenden Plan zur Ausrottung der Armenier ausgearbeitet. An der Spitze stand Innenminister Talaat Pascha. Wichtigste Helfer waren die Ärzte Behaeddin Schakir und Mehmed Nazim. Im Krankenhaus des Roten Halbmondes zu Trapessunt verbrühten sie die Säuglinge mit heißem Wasserdampf, stopften die Leichen in Körbe und versenkten sie im Meer. An den Grausamkeiten im ganzen Lande beteiligten sich der Chef der Gendarmerie Ismail Dschumbolat und der Leiter der Geheimdienstabteilung Oberst Seyfi.
Während das Wissen um die Vernichtungspolitik im Volk durch die Militärzensur unterdrückt wurde, berichteten darüber im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten vor allem Einzelpersonen und Organisationen. Zu nennen wären an erster Stelle die Missionsgesellschaften, ferner die ausländischen und diplomatischen Vertretungen. Für immer werden mit den Geschehnissen Namen wie jener des protestantischen deutschen Pastors Lepsius, der mutigen und selbstlosen Dänin Karen Jeppe, der deutschen Schwestern Laura Möhring und Paula Schäfer, des amerikanischen Botschafters in Konstantinopel Henry Morgenthau und des amerikanischen Konsuls in Aleppo, J.B. Jackson verbunden sein. Heute noch verehren die Armenier den österreichischen Dichter Franz Werfel wie einen Nationalhelden. In der Genozidgedenkstätte in Jerewan ist ihm ein Ehrenplatz gewidmet. 1929 kam Werfel bei einer Reise nach Damaskus in einer Teppichfabrik mit halb verhungerten armenischen Flüchtlingskindern in Berührung. Diese verstümmelten Jammergestalten waren der Anstoß für seinen Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ (1933). Der heldenmütige Widerstand von 4000 Menschen auf dem 1281m hohen Berg ist geschichtliche Tatsache. Ebenso die Rettung durch ein französisches Kriegsschiff. Werfel versuchte, mit seinem Werk auch gegen den drohenden Nationalsozialismus anzuschreiben.
Im Frühling des Jahres 1916 begann die letzte Phase des Genozids an den Armeniern, dem ältesten Christenvolk der Welt. Die Todesmärsche durch die Wüste erreichten im Herbst ihren Höhepunkt. 250.000 Menschen, welche die Qualen der Vertreibung überlebten, wurden von Soldaten in Höhlen gepfercht, deren Eingänge bewacht waren, und dort verbrannt. Dem Tod in Deir–es–Sor, dem Konzentrationslager in der Wüste, entkamen nur ein paar Kinder. Sie überlebten durch Kannibalismus.
Der Sanitäter und Schriftsteller Armin Theophil Wegner reiste mit dem turkophilen Baron Freiherr von der Goltz, dem Befehlshaber der 6. Osmanischen Armee durch Kleinasien auf der Route der Todesmärsche. Trotz strengsten Verbotes und eines erheblichen persönlichen Risikos gelang es ihm, Fotos, Briefe und Berichte über die geheime Ausrottung der Armenier anzufertigen und dem amerikanischen Botschafter in Konstantinopel zu übergeben. Sie stellen heute Zeitzeugnisse von unschätzbarem dokumentarischem Wert dar. Armin Theophil Wegner lebte später im italienischen Positano. Traumatisiert durch die furchtbaren Erlebnisse arbeitete er bis zu seinem Lebensende an einem Fragment gebliebenen Roman über die Armenier mit dem Titel „Die Austreibung“. Er berichtet am 26. 11. 1915 an Marga von Bonin:
Denn die Ränder aller Straßen sind mit den jammernden und hungernden Gestalten armenischer Flüchtlinge besetzt, durch deren wimmernde, schreiende, bettelnde Hecke, aus der sich tausende flehende Hände strecken, unsere Seelen ein schmerzliches Spießrutenlaufen beginnen. Eben, da ich diese Zeilen schreibe, bin ich von einem Gang durch das Lager zurückgekehrt. Von allen Seiten schrieen Hunger, Tod, Krankheit, Verzweiflung auf mich ein. Geruch von Kot und Verwesung stieg auf. Aus einem Zelt klang das Wimmern einer sterbenden Frau. Eine Mutter, die an den dunkelvioletten Aufschlägen meiner Uniform meine Zugehörigkeit zur Sanitätstruppe erkannte, eilte mit erhobenen Händen auf mich zu. Mich für einen Arzt haltend klammerte sie sich mit letzter Kraft an mich Ärmsten, der ich weder Verbandmittel noch Arzneien bei mir trug und dem es verboten war, ihr zu helfen.
Dies alles aber wurde übertroffen durch den furchtbaren Anblick der täglich wachsenden Schar verwaister Kinder. Am Rande der Zeltstadt hatte man ihnen eine Reihe von Löchern in die Erde gegraben, die mit alten Lappen bedeckt waren. Darunter saßen sie, Kopf an Kopf, Knaben und Mädchen in jedem Alter, verwahrlost, vertiert, verhungert, ohne Nahrung und Brot, der niedrigsten menschlichen Hilfe beraubt und vor der Nachtkälte schauernd aneinandergedrängt, ein kleines Stückchen glimmende Holzasche in der erstarrten Hand haltend, an dem sie vergeblich versuchten, sich zu erwärmen. (…) Die Täler aller Berge, die Ufer aller Flüsse sind von diesen Lagern des Elends erfüllt. Über die Pässe des Taurus und Amanus zieht sich dieser gewaltige Strom eines vertriebenen Volkes, jener Hunderttausenden von Verfluchten.2
Während des Jahres 1915 und vor allem ab 1916, zu der Zeit, als Wegner mit seiner Plattenkamera durch Mesopotamien gezogen war und auch weitere Reporter und ausländische Soldaten vor allem Amerikaner und Deutsche die Elendszüge beobachteten und darüber berichteten, trafen in Aleppo verschiedene Depeschen von Innenminister Talaat ein, deren Inhalt auf strengste Geheimhaltung des Mordens und auf Beseitigung der unliebsamen Beobachter abzielte. Die Telegramme an die Präfektur Aleppo lauteten:
22. September 1915
Benachrichtigen Sie die Beamten, daß sie ohne Furcht vor Verantwortung darauf hinwirken müssen, den wirklichen Zweck zu erreichen.
6. Oktober 1915
Rotten Sie mit geheimen Mitteln jeden Armenier der östlichen Provinzen aus, den Sie in Ihrem Gebiet finden sollten.
16. Oktober 1915
Die Exzesse, die von der Bevölkerung an den bekannten Personen verübt worden sind, sollen nicht gerichtlich verfolgt werden. … Sagen sie den Klägern, sie sollen ihre verlorenen Rechte an dem Ort ihrer Verschickung einklagen.
11. Jänner 1916
Wir erfahren, daß ausländische Offiziere die Leichen der bekannten Personen fotografieren. Ich empfehle Ihnen dringend, diese Leichen sofort zu beseitigen. … Lassen Sie die Personen verhaften, die solche Nachrichten übermitteln, und sie unter anderen Vorwänden an die Kriegsgerichte ausliefern.
Depesche an das Ittihad-Büro in Malatya
Vernichten Sie die Armenier, die in Ihre Provinz geschickt und dort zusammengezogen wurden. Ich trage die volle moralische und finanzielle Verantwortung.
Deutsche Soldaten und Offiziere, die gegen die Armeniermassaker protestierten, wurden sofort heim ins Reich geschickt. Botschafter Wangenheim verbot nicht nur Brotverteilung an die Verhungernden, sondern jegliche Hilfsakte auf das strengste.
Am 30. Oktober 1918 mußte die osmanische Regierung erstmals in ihrer 600jährigen Geschichte auf dem britischen Flaggschiff Agamemnon eine bedingungslose Kapitulation unterzeichnen. Die türkische Nachkriegsregierung unter Kemal Atatürk fand sich in der Folgezeit nur schleppend und auf Drängen Englands zu Vergeltungsmaßnahmen gegen die Schuldigen des Genozids bereit. Bereits am 31. März 1923 wurden alle Armenienmörder amnestiert. Der jungtürkischen Fünfergruppe war die Flucht gelungen.
Ihnen hatte der deutsche Generaloberst Hans von Seeckt Fluchthilfe zugesagt. Die meisten erreichten im Dezember über verschlungene Wege Berlin.
Eine Aufarbeitung des Genozids fand nicht statt. Einige der Massenmörder funktionierte man sogar zu Märtyrern um.
Die armenische Partei der Daschnaken rief zur Selbstjustiz auf. Talaat wurde 1921 in Berlin von dem Armenier Tehlirjan erschossen. Ex-Premier Said Halim ereilte das Schicksal in Rom. Am 22. April 1922 fiel der Mörderarzt Schakir einem Attentat zum Opfer. Ein ungewöhnliches Ende fanden Mehmed Nazim und Ismail Dschumbolat. Atatürk ließ sie am 26. August 1926 erhängen. Allerdings waren nicht die Untaten gegen die Armenier der Grund. Die beiden hatten versucht, ihn umzubringen.
Die Ausrottung der Armenier bietet gewissermaßen einen traurigen Auftakt zu den Verbrechen des bluttriefenden 20. Jahrhunderts. Elie Wiesel sprach von einem Holocaust vor dem Holocaust. Die Nationalsozialisten hatten ihre Lektion gelernt. Vielfach wurden bei der Ausrottung der Juden analoge Taktiken angewendet.
Die Überreste Talaats ließen die braunen Machthaber 1943 auf dem türkischen Friedhof in Berlin exhumieren. In Anwesenheit des damaligen Botschafters Franz von Papen setzte man den vielfachen Massenmörder in einem Ehrengrab auf dem Freiheitshügel in Istanbul erneut bei.
Der Prozess gegen Tehlirjan endete mit Freispruch durch die Schöffen. Die Begründung lautete: Unzurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Man wollte damit eine Diskussion über die Hintergründe vermeiden. Als Beobachter wohnte dem Verfahren der deutsch-jüdische damalige Jurastudent M.W. Kempner bei. Er fungierte 1945 als Hauptankläger der USA im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß. 1980 bezog er zu den Geschehnissen Stellung.
Kempner schreibt:
Die Ermordung von 1,4 Millionen christlicher Armenier auf Befehl der türkischen Regierung war das erste Genocidprogramm dieses Jahrhunderts. (…) Die Tat des armenischen Studenten Teilirian machte die Welt auf eine besonders wichtige völkerrechtliche Entwicklung aufmerksam: Nachdem die Armeniergräuel während des ersten Weltkrieges begonnen hatten, standen mutige Männer auf, die im Interesse der Menschlichkeit offen gegen diesen Völkermord auftraten. Sie ließen sich nicht von der unsinnigen These abschrecken, ein fremder Staat dürfe nicht in die inneren Angelegenheiten eines anderen souveränen Staates eingreifen. (…)
Der Weg von diesem Holocaust, dem mindestens 1,4 Millionen christlicher Armenier zum Opfer fielen, bis zum Holocaust, dem sechs Millionen Juden zum Opfer fielen, dauerte nur zwanzig Jahre. (…) So spannt sich ein weiter Bogen von dem ersten Eingreifen des Henry Morgenthau (sen.) während der Armeniergräuel bis zum Holocaust (…) Er spannt sich weiter bis zu dem heute allgemein anerkannten Grundsatz, daß jedes Verbrechen gegen die Menschlichkeit, auch wenn es staatlich sanktioniert wird, von jedem anderen Staat oder dessen Staatsangehörigen bekämpft werden kann und sogar bekämpft werden muß (…).